Der Appell die wichtigste Übung, um die erste Verbindung zu einem Pferd aufzubauen
Der Appell positioniert das Pferd in der Hierarchie zwischen Pferd und Mensch, es schafft Vertrauen und Zuneigung..... die Basis für eine erfolgreiche gemeinsame Zeit.
Die Übung „Appell“ bezeichnet ein Hereinrufen des Pferdes zum Longenführer. Geleitet von Longe, Handstock und Peitsche, später aber nur auf ein Stimmkommando hin, soll das Pferd auf mich zukommen und vor mir stehenbleiben.
Bei der Einführung des Appells setze ich zunächst die Longe ein und zäume das Pferd mit dem Kappzaum. Ich gebe das Kommando: ein langgezogenes „Hiieer!“ - wenn das Pferd gerade auf Höhe des Ausgangs des Zirkels läuft und „ziehe“ es dabei an der Longe zu mir hinein. Darunter ist natürlich kein Reißen, sondern eher ein Ziehen zu verstehen. Wichtig ist jedoch, dass die Hilfe abrupt kommt und das Stimmkommando sowie Körpersprache vor der Longe kommen.
Das Pferd soll lernen auf das Kommando schnell zu reagieren. Kommt das Pferd nun auf mich zu, so gehe ich langsam einige Schritte rückwärts, wobei ich die Longe in großen Schlingen aufnehme. Die Longe ist nur eine defensive Sicherung.
Der perfekte Appell an der Longe, Armani fliegt zu mir... Foto; horstbecker.com
Rückwärts gehen
Das Rückwärtsgehen fixiert das Pferd auf meine Bewegungen und motiviert es dadurch, auf mich zu zukommen. Bei all dem behalte ich Peitsche (rechte Hand) und Handstock (linke Hand) in der Hand, ich flankiere das Pferd, es läuft in einen Trichter aus Handstock und Peitsche, wedele allerdings nicht damit.
Es ist ein häufiger Anfängerfehler, das Pferd zum Appell hereinzurufen, ihm aber gleichzeitig die Peitsche entgegen zuhalten. Das Pferd erlebt das als wegtreibende Hilfe, ist irritiert und wirft ängstlich den Kopf hoch, statt sich gelassen und freudig zu nähern. Ist das Pferd bei mir, so belohne ich es.
Sobald das Pferd begriffen hat worum es bei dieser Übung geht, kann ich deutlichere Hilfen mit Peitsche und Handstock geben. Nun weist die Peitsche dem Pferd den Weg nach innen, ein leiser sensibler Peitschenschlag vor dem Pferd leitet die Übung ein. Wenn dass Pferd versteht und sicher kommt, kann man auch die Peitsche mutiger einsetzen, um das Pferd mehr zu holen. Wichtig: mehr Einwirkung bringt nicht immer mehr Ergebnis, eher das Gegenteil. Vertrauen und Geduld bringen auch hier stabilen Fortschritt.
Der Handstock verhält, wenn es womöglich versucht an mir vorbeizulaufen. Die meisten Pferde lernen den Appell sehr schnell, kommen sie doch gern zu ihrem Ausbilder. Es ist aber wichtig, die Übung möglichst spritzig zu erhalten: wenn sie aus dem Trab durchgeführt wird, muss das Pferd auch aus dem Trab wenden und anhalten, ebenso im Galopp. In der Vorstellung wirkt der Appell vor allem durch seine Rasanz, den Eifer des Pferdes und den schnellen Stopp vor dem Ausbilder.
Lob
Wenn das Pferd den Appell durchgeführt hat, lasse ich es zunächst kurz bei mir stehen und lobe es ausführlich.
Danach kann ich es zurück auf den Hufschlag schicken oder eine andere Übung einbauen. Hier bietet sich zum Beispiel das Rückwärtsrichten an, als nächsten Schritt. Dazu stelle ich mich vor das Pferd, hebe leicht beide Arme mit Peitsche, Handstock und Longe und wedele etwas damit. Wenn das Pferd nun zurückweicht, treibe ich im Rhythmus seiner Bewegung: ich hebe den Handstock, wenn das linke Vorderbein zurücktritt und die Peitsche, wenn sich das rechte bewegt. Meine Hilfen ähneln damit ein bisschen den Bewegungen eines Dirigenten, und gerade so soll es ja auch sein: der Ausbilder dirigiert sein Pferd durch die Manege. Um das Pferd zurück auf den Hufschlag zu treiben, stelle ich mich rechts von ihm, sofern es nach links gehen soll und links von ihm, sofern es rechtsherum gehen soll. Vorsichtig touchiere ich mit dem Peitschenstock den oberen Hals des Pferdes und gebe dabei eine Stimmhilfe.
Häufig gemachter Fehler, man touchiert an der Kruppe, also geht die Kruppe zuerst raus und der Kopf des Pferdes bleibt beim Ausbilder...
Partée
Geeignet sind hier kurze und harte Laute, der gebräuchliche Befehl ist „Partée“. Das Pferd soll daraufhin natürlich nicht hektisch flüchten, sondern ruhig und gelassen auf den Hufschlag zurückkehren. Dabei ist es wichtig, dass es auf dem direkten Weg gerade auf den Hufschlag geht und ihn nicht etwa über ein Vergrößern des Zirkels erreicht. Kommt das Pferd auf dem Hufschlag an, lobe ich mit der Stimme. Das Zurückgehen auf den Hufschlag verbinde ich meistens mit einem Handwechsel. So wird das Pferd gleichmäßig auf beiden Händen gearbeitet und die Arbeit gestaltet sich abwechslungsreicher. Eine dem Appell mit anschließendem Handwechsel sehr ähnliche Übung ist das im Folgenden erklärte Changer.
Umstrittene Übung?
Vielleicht werden einige meiner Leser mit Befremden registrieren, dass ich zur Einübung des Appells als Erweiterung der Longenarbeit rate. Predigen doch viele Reitlehrer und Schriften, das Pferd dürfe an der Longe grundsätzlich nicht nach innen zum Longenführer kommen, da sonst Eigenmächtigkeiten vorprogrammiert wären. Selbstverständlich ist es auch bei der Manegenarbeit nicht erwünscht, dass das Pferd jedes Mal in die Mitte tritt und den Zirkel verkleinert, wenn es ihm gerade passt. Kommt es jedoch auf Kommando, und geht es dann auch wieder auf Kommando so weicht das die Disziplin der Arbeit keineswegs auf, sondern fördert sie eher.
Ziel ist es, Fehler des Pferdes nicht zu tadeln, sondern mit Gegenübungen zu korrigieren. Hat das Pferd den Appell gelernt, so kommt es zum Ausbilder und geht auch wieder nach außen an seinen Platz. Kommt es eigenmächtig, so braucht der Ausbilder nur Stimmkommandos und Stockzeichen für das Herausgehen zu geben und das Pferd wird artig auf dem Hufschlag bleiben. Hat es das nicht gelernt, so muss der Ausbilder das Pferd mit der Peitsche tadeln oder zumindest treiben, was das Pferd auch meist veranlasst wieder auf den Hufschlag zurückzugehen, aber meist mit einem höheren Tempo und somit kommt Unruhe in die Arbeit.
Wichtig ist hier, wie überall, konsequente Arbeit: Gehorcht mein Pferd aufs Wort und kommt beim Appell artig zu mir, erhält es eine Belohnung. Erscheint es allerdings ungefragt in der Mitte oder weigert es sich, nach dem Appell wieder hinauszugehen, so tadele ich es und kann es im Extremfall auch mit einem Klaps bestrafen. Wer diese Regeln einhält, braucht sich keine Sorgen um die Disziplin in der Manege oder im Round Pen zu machen.
Aber ein Pferde mit Appel hat eine ganz andere, viel engere Verbindung zum Menschen, das wirkt sich auch auf das Reiten aus.
Das Lob mit einem Leckerli, wenn das Pferd motiviert kommt, kann ihm das Kommen sicherlich schmackhafter machen - aber das Lob durch Streicheln und Körperkontakt kann es nicht ersetzen.
Lob mit Körpereinsatz - zärtliche Nähe ist das größte Lob!!