Foto; Diana Michel-Locher
Die Arbeit an der Longe, egal ob einfache Longe oder Doppellonge wird weitläufig falsch verstanden und unterschätzt. Für viele Reiter ist die Longenarbeit einfach mal schnell das Pferde bewegen, oder es müde schleudern. Ganz im Gegenteil ist die Longenarbeit ein logischer, ein sehr wertvoller und fürs Training wichtiger Teil der Arbeit. Einerseits um eine Verbindung zum Pferd zu entwickeln, andererseits um die Psyche und die Physis eines Pferdes weiter zu stärken und zu trainieren.
Für mich gibt es auch keinen wirklichen Unterschied zwischen Handarbeit und Longenarbeit, denn gerade die Kombination daraus, am Kappzaum, kann Pferd und Reiter enorm nach vorne bringen.
In meiner Arbeit gibt es drei große Zielsetzungen, die in erster Linie psychische Arbeit, das Vertrauen des Pferdes gewinnen, die Kommunikation aufbauen und erste Beweglichkeit erarbeiten. Das geschieht im Longen-ABC, eine Erfindung von Fredy Knie sen.
Der Appel!
Das Pferd lernt an der Longen auf Zuruf in die Mitte zu kommen und auf Zeichen und Kommando wieder hinaus zu gehen. Das Pferd immer wieder aus der Arbeit zu sich in die Mitte zu rufen, stärkt die Verbindung und das Vertrauen. Das junge Pferd lernt nicht wegzulaufen wenn es Stress hat, sondern in die Mitte zu kommen, in die Herde zu gehen, den Schutz des Alphas anzufragen. Auf die Art und Weise lassen sich junge Pferde später sehr leicht an der Longe in der großen Halle arbeiten und anreiten. Denn sie haben gelernt nicht wegzulaufen, sondern sich immer in die Mitte zu orientieren und somit sind sie natürlich für Hilfen und Kommandos viel offener und immer auf Empfang programmiert. Dies hilft auch, wenn ich mit dem Pferd das erste Mal an der Longe rausgehe, denn es folgt willig und sucht immer die Nähe des Menschen.
Die zweite wichtige Übung ist das Longieren von Volten. Das Pferd lernt sich zu biegen, durch vorsichtiges Anlegen der Peitsche in die innere Gurtlage beziehungsweise Schenkellage unterstützt man diesen Biegeeffekt. Hier lernt das Pferd schon etwas, was es später unter dem Sattel immer wieder braucht. Es muss den innen leicht angelegten Schenkel als biegendes Kommando akzeptieren. Hier beginne ich schon die Körperlichkeit zu trainieren.
Das Anhalten und Rückwärtsrichten,
ist Grundvoraussetzung für das Erarbeiten von Übergängen. Das Pferd muss "Anhalten" auf der Zirkellinie trainieren. Es sollte in der Lage sein, auf Zeichen des Longenführers aus der Mitte, am Hufschlag rückwärts zu gehen. Das Rückwärtsgehen erarbeitet man am einfachsten zuerst aus dem Appell. Wenn ich das Pferd vor mir habe, weil ich es in die Mitte gerufen habe, kann ich es mit leichten Zeichen nach hinten weichen lassen. Die Übung bringt Respekt, aber unterstützt auch das Vertrauen wenn man das Pferd dann immer wieder aus dem Rückwärtsrichten zu sich ruft.
Foto; Diana Michel-Locher
Das Übertreten auf dem Zirkel,
Eine nächste und sehr zentrale Übung ist der seitliche Übertreten an der Hand: Man ruft das Pferd zu sich in die Mitte und lässt es auf einer kleinen Volte, leicht gebogen, um sich herum seitlich übertreten. Und nach ein, zwei Runden Übertreten, schickt man es ruhig zurück auf die Zirkellinie. Nach einigen Wiederholungen wird man beobachten, dass das Pferd sich wunderschön in die Tiefe dehnt wenn man es nach dem Übertreten wieder auf die große Volte zurückschickt.
Foto; HB Paradenbuch Crystal-Verlag
Zuerst kombiniert man diese Übung nur mit Schritt, später lässt man im Schritt übertreten und schickt das Pferd im Trab hinaus. Nach einigen Wochen üben kann man das Pferd auch im Trab leicht Übertreten lassen, auf einer größeren Volte, und beim Rausschicken und abwenden auf die Zirkellinie mit einem kleinen Ruck an der Longe angaloppieren lassen. Und wenn man diese Übung wirklich konzentriert, konsequent geduldig aufbaut, ist das Pferd sogar in der Lage im Galopp an der Hand überzutreten.
Diese Übung hat einige Facetten in den Auswirkungen, die uns später unter dem Sattel helfen und die die körperlichen Voraussetzungen für die Arbeit unter dem Sattel herrlich entwickeln. Beim seitlichen Übertreten im Schritt verdrehen sich die langen Rückenmuskeln regelmäßig gegeneinander. Das geschieht, weil die Vorhand auf einem kleinen Zirkel läuft und die Hinterhand auf einem größeren Zirkel. Durch die unterschiedlichen Frequenzen zwischen Hinterhand und Vorhand wird diese Verdrehung im Rücken ausgelöst. Dieser Effekt wirkt in erster Linie lösend auf die Oberlinie, so dass das Pferd sich mit der Zeit sehr schön und frei tragend vorwärts-abwärts dehnt. Im zweiten Schritt, wenn man das seitliche Übertreten mehr steigern kann, weil das Pferd es mittlerweile umsetzen kann, wird die seitliche Bauchmuskulatur aktiviert, die Rumpfträger sozusagen gestärkt. Genau dieser Effekt, die Dehnung der Oberlinie und die Stärkung der Rumpfträger, machen ein gutes Reitpferd aus.
Aus dieser Arbeit heraus entwickelt sich immer eine gute Galopp-Kultur, die wiederum viel Muskelaufbau an den richtigen Stellen auslöst und somit wiederum einen sehr großen positiven Effekt auf die spätere Reitqualität des Pferdes hat.
Selbstverständlich achte ich darauf, dass mein Pferd nicht rennt oder meine Longenarbeit eine Schleudertechnik hat, sondern dass das Pferd in seinem Takt rhythmisch gleichmäßig dahin joggt. Pferde an der Longe zu schleudern, rennen zu lassen, erhöht einfach nur die Umsätze der Tierärzte, Tierkliniken, Physiotherapeuten und Osteophaten. Es hat aber keinerlei positive Wirkung auf das Pferd. Denn ein müdes Pferd ist ein unkonzentriertes Pferd, denn der Geist ist meist vor dem Körper müde.
Auch Springen und Cavalettiarbeit lässt sich ins Longen- oder Doppellongentraining einbauen, auch dies fördert und verbreitet den Horizont des Pferdes.
Geht es um Takt und Anlehnung, empfehle ich die Doppellongenarbeit, Doppellongenarbeit ist reiten vom Boden aus. Man treibt ruhig und konsequent das Pferd mit der Präsenz des eigenen Körpers in die Anlehnung, nicht mit der Peitsche oder mit hektischen Stimmkommandos. Auch hier gilt: Kraft und Erfolg kommen aus der konzentrierten Ruhe und dem taktmäßigen Gleichmass.
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Reacties
Danke für deinen Kommetar. Ja genau man geht einfach immer einen Schritt zurück. Wenn das Pferd anfängt zu rennen, was am Anfang gerne passiert. holt man es zu sich, lässt es wieder etwas ruhig übertreten, dann lässt man ihn wieder raus in den Trab oder Galopp. da das Pferd nach dem Übertreten, geschlossener ist, wird es ruhiger starten, fällt es wieder auseinnader und wird schnell, dann holt man es wieder herein zum erneuten Übertreten. <br />
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Herzlichst,<br />
Horst Becker
Nun aber eine Frage: was ist, wenn ich sehr wohl darüber nachdenke und mein Pferd ruhig und locker an der Longe arbeiten möchte, es mir aber trotzdem, z.B. aufgrund von Bewegungsmangel, an der Longe immer mal wieder spannig und schnell wird? Und es im Galopp entweder nach 3 gesetzten Sprüngen wieder ausfällt oder wahlweise (zu) schnell wird um sich zu retten? Hast Du da einen Tipp? Nehme ich das Pferd dann immer wieder nach Innen zum übertreten sobald es hektisch wird? Wie bekomme ich da einen lockeren Fluss in die Bewegung? Viele Grüße, Nadja